Ava – Plötzlich erwachsen
Frankreich 2017
Regie: Lea Mysius
blinde Person: Noée Abita
Spielfilm, 101 Min.
Die dreizehnjährige Ava ist Außenseiterin. Zusammen mit ihrer etwa einjährigen Halbschwester lebt sie mit ihrer alleinerziehenden Mutter zusammen. Bei einer Augenarztuntersuchung erfährt sie, dass sie Retinitis pigmentosa hat. Sie reagiert darauf verstört und einsilbig, ihre Mutter klagt und weint. Dann verspricht sie Ava die schönsten Sommerferien ihres Lebens. Aber nach kurzer Zeit hat die Mutter das offenbar vergessen, sie ist mehr mit ihrem Liebhaber beschäftigt. Dies scheint nicht ungewöhnlich für die Mutter zu sein, sie schwankt stets zwischen überschwänglicher Liebe, Desinteresse und Beleidigungen. So wirft die Mutter ihrer Tochter Ava vor, „böse“ zu sein, und vermutet sogar, das sei der Grund für ihre Augenerkrankung. Ava lehnt ihre Mutter die meiste Zeit ab und reagiert sehr schroff auf sie. Besonders unangenehm ist ihr, dass die Mutter sie drängt, sich zu schminken und sich mit Jungen zu verabreden. Ava tut, als würde sie das nicht interessieren, aber sie bittet den verdutzten Sohn ihres Strandsegellehrers, sie küssen. Dabei interessiert sie sich offenbar nicht sonderlich für ihn.
Aber es gibt einen anderen jungen Mann, einen Angehörigen der Roma, der sie fasziniert. Zuerst bemerkt sie seinen Hund, dann beobachtet sie, wie die berittene Polizei ihn festnimmt. Sie will jetzt auch einen Hund haben, doch die Mutter lässt sie auflaufen. Deshalb stiehlt sie den Hund und versteckt ihn in der Wohnung. Der Rom, er heißt Juan, wird wieder freigelassen. Ava trifft sich mit ihm in den folgenden Tagen öfter am Strand, abseits der offiziellen Badestelle an einem zerfallenen Bunker. Anfangs treffen sie sich nur zufällig, Juan reagiert verärgert, weil sie seinen Hund hat (den sie ihm sofort wieder überlässt). Obwohl er sehr unfreundlich ist, zeigt sie ihm ihre Brüste, was bei Juan nur Kopfschütteln auslöst.
Juan wird bei einer Auseinandersetzung verletzt, Ava versorgt ihn. Langsam nähern sie sich an, verbunden durch ihr gemeinsames Außenseiter-Dasein. Die Polizei spürt sie auf und will Juan verhaften, unter anderem weil Ava noch minderjährig ist. Ava bedroht die Polizei und presst Juan frei. Beide fliehen, verfolgt von der Polizei und ihren eigenen Familien. Am Ende haben sie die Verfolger abgehängt. Ava sieht in der Schlussszene glücklich aus.
Die Augenerkrankung wirkt sich nur wenig auf ihre Aktivitäten aus, und wenn, ist die Behinderung nur inkonsequent dargestellt: Einmal sieht Ava im Dunkeln gar nichts, bei einer nächtlichen dramatischen Flucht scheint sie dies aber nicht zu behindern.
Die Augenerkrankung fällt in die Zeit, in der Ava erwachsen wird. Sie zwingt sie, sich mit ihrer Zukunft auseinanderzusetzen. So klebt sie Zeitungen an die Wand, um die sie immer kleiner werdende schwarze Rahmen malt und so den sichtbaren Bildausschnitt stetig verkleinert. Sie trainiert auch das Blindsein, d. h. sie läuft mit verbundenen Augen und Stock über ein Flachdach, nah am Rand entlang und kommt erst im letzten Moment zum Stehen.
Die Diagnose macht aber auch das schwierige Verhältnis zur Mutter deutlich, die ihre Tochter nicht unterstützen kann.