Opfer
In knapp 80 Geschichten wird die blinde Person Opfer eines Verbrechens.
Viele Geschichten von Opfern sind eng mit den Zeugengeschichten verbunden - entweder weil die Opfer durch ihre Zeugenaussage aktiv zur Verhaftung oder Verurteilung ihrer Peiniger beitragen oder weil sie durch ihre Zeugenaussagen erst zu Opfern werden. (vgl. Zeugen, Zeuginnen und Ermittler)
Natürlich versucht die Verbrecherseite regelmäßig, die Blindheit des Opfers auszunutzen, oftmals mit einer gewissen Häme und dem scheinbar sicheren Gefühl der Überlegenheit. Für die Zuschauer und Zuschauerinnen erhöht es die Spannung und den Gruseleffekt, wenn sie sehen, wissen oder ahnen, was der Täter vorhat, die blinde Person aber offenkundig ahnungslos ist. Solche Situationen kommen in fast allen Opfergeschichten vor. Ein Spannungsmoment ist z. B., wenn das blinde Opfer sich dem Täter anvertraut, ihn für einen Freund hält. (Criminal Minds: Blinde Augen, USA 2009)
Eine andere Variante ist, dass die blinde Person ahnt, dass sie in großer Gefahr ist, aber keine Orientierung hat. (Stiefel, die den Tod bedeuten, England 1971)
Dabei gibt es zwei Erzählmuster, die auf unterschiedliche Art Grusel erzeugen: In der einen Variante weiß das Publikum nicht mehr als das Opfer, es teilt mit dem blinden Opfer die Ahnungslosigkeit, die Zweifel und Unsicherheiten. (Boileau, Pierre; Narcejac, Thomas: Gesichter des Schattens, 1983)
In einer anderen Variante nimmt das Publikum die Rolle des wissenden Betrachters ein. (Gesichter des Schattens, BRD 1984) oder (Das Ziel im Dunkel, Frankreich 1993)
Besonders verletzlich sind blinde Kinder.
Häufig gelingt es den blinden Opfern jedoch, das Blatt zu wenden.
Dabei schaffen sie es oft, ihren Nachteil in einen Vorteil zu drehen. Sie verschaffen sich vorübergehend Überlegenheit, indem sie kurzfristig ihre sehenden Peiniger im Dunkeln tappen lassen. Sie löschen alle Lichter oder fliehen in dunkle Keller. Varianten sind die Blendung durch helles Licht oder Reizgas in die Augen.
Sie setzen Kampfkunst ein (Felix: Blindes Vertrauen, Deutschland 1997) oder organisieren die Abwehr gegen die Verbrecher. (Rauchende Colts: Der Blinde, USA 1966)
Manche wehren sich mit dem, was sie gerade zur Verfügung haben, z. B. kochendem Wasser (Die einzige Zeugin, Deutschland 1995) oder flüssigem Bleichmittel. (Simon & Simon: Ich höre, was du nicht siehst, USA 1983)
Besonders häufig kommen Schusswaffen zum Einsatz. Manchmal ist es ein Warnschuss (Das Ziel im Dunkel, Frankreich 1993) oder das Fluchtauto wird mit einem gezielten Schuss zum Halten gebracht. (Die einzige Zeugin, Deutschland 1995) Einige schießen auf ihre Peiniger und treffen.
Manchmal kommt auch Hilfe in letzter Sekunde und die blinden Personen werden gerettet.
In einem Fall bringt der Täter es nicht fertig, sein blindes Opfer zu töten und lässt es am Leben.(O'Connell, Carol: Blind Sight, 2018)