Haar, Jaap ter: Behalt das Leben lieb

HET WERELDJE VAN BEER LIGTHART, 1973
München : Deutscher Taschenbuchverlag, 1985
124 S.
Jugendroman

Beer ist dreizehn Jahre alt, als er durch einen Unfall erblindet. Der Roman beschreibt Beers Entwicklung in den ersten Monaten nach dem Unfall. Zuerst leidet er unter starken Schmerzen, dann kommt die Erkenntnis, dass er dauerhaft blind bleiben wird. Schon im Krankenhaus macht er das erste Mal die Erfahrung, dass die Blindheit ihn verändert. Er beurteilt die Mitmenschen anders als die sehende Umwelt. Sein Vater fasst das folgendermaßen zusammen:

„Mit unseren Augen achten wir auf allerlei Kleinigkeiten, die nichts zur Sache tun. Wir achten auf Äußerlichkeiten der Menschen, obwohl sie doch gar nicht wichtig sind. Diesen Fehler wirst du nicht mehr machen. Begreifst du, daß das ein Vorteil sein kann? Du kannst dich mehr als andere darauf einstellen, wie die Menschen wirklich sind. Vielleicht hast du recht, und diese erstaunlich hübsche Krankenschwester ist wirklich ein dummes Huhn.“ (S. 20)

Doch dies ist für Beer zunächst nur ein schwacher Trost. Er muss erst einmal lernen, seinen Alltag zu bewältigen, zum Beispiel Orientierung und Punktschrift. Seine Eltern unterstützen ihn, die Mutter lernt Punktschrift, um sie ihm beizubringen. Dabei macht er nicht nur Fortschritte, sondern auch Rückschritte. In solchen Momenten ist er völlig verzweifelt und in der Folge gelingt ihm dann noch weniger.
Während Beer und seine Familie anfangs denken, Beer könne nach einer kurzen Übergangszeit wieder an sein altes Leben anschließen, erweist sich dies als Trugschluss. Beers alte Freunde, die sich kurz nach der Erblindung noch intensiv um ihn gekümmert haben, entfremden sich zunehmend von ihm. Die Erkenntnis kommt ihm, als er ein Spiel seines Fußballvereins besucht. Während seine alten Freunde spielen, steht er am Rand und fühlt sich wie ein Maskottchen.

„Los, Leute, zeigt es ihnen“, rief Beer über den Platz. Es war eine Art Abschiedsgruß an seine alte Mannschaft, die ihm teuer gewesen war und ihm ein Tandem schenkte. Doch jetzt wußte er es genau: die Welt der Fußballer konnte nicht länger seine Welt sein.
Erst später, sehr viel später, begriff Beer, was in diesen Minuten am Rande des Fußballplatzes in ihm vorgegangen war. Gerade bevor Bennie das erste Tor schoss, richtete er sein Leben vom Sichtbaren und Körperlichen auf das Geistige, das Wesentliche der menschlichen Existenz. Ging dies auch unbewußt vor sich, so wurde ihm etwas davon deutlich. (S. 87 f.)

Er freundet sich mit Tjeerd an, dem Außenseiter, den er früher langweilig fand. Tjeerd erweist sich als zuverlässiger Freund, der mit ihm den versäumten Schulstoff nachholt. Beer hofft, bald wieder in seine alte Klasse zu kommen, doch der Direktor macht alle Hoffnung zunichte und weigert sich, Beer inklusiv zu unterrichten.
Danach fällt Beer in ein tiefes Loch und hat den Wunsch, zu sterben. In der Zeit stirbt ein Student, den er im Krankenhaus kennengelernt hat. Er vermacht Beer eine alte Uhr, die alle halbe Stunde schlägt und ihm so regelmäßig die Zeit ansagt. Der Student hat der Uhr einen Brief beigelegt, in dem er Beer auffordert, das Leben lieb zu behalten und etwas daraus zu machen. Dieser Brief verändert sein Leben.

Jeder Mensch hatte wohl eine Last zu tragen. War es da nicht kurzsichtig, sich nur mit den eigenen Problemen zu beschäftigen?
Und noch viel später begriff Beer, daß er mit diesem Brief eine Schwelle überschritten hatte. Von diesem Augenblick an trat er dem Leben stärker und bewußter entgegen: nicht länger als Behinderter, auf den jedermann Rücksicht nehmen mußte, sondern als ganz normaler Mensch, der sich nicht in die Ecke stellen ließ. (S. 105)

Beer kommt in ein Blindeninternat. Gleich am ersten Tag lernt er ein nettes Mädchen kennen, und es wird zart angedeutet, dass er sich das erste Mal verliebt. Schon nach kurzer Zeit ist Beer froh, sich für das Internat entschieden zu haben, er freut sich, dass er das Schlimmste geschafft hat, und sieht wieder eine Zukunft vor sich.

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