Harmon, Amy: Der Himmel in deinen Händen
A SONG OF DAVID, 2015
Köln : Ink 2016
384 S.
Jugendroman
David „Tagg“ Taggert ist Kampfsportler und Barbesitzer, ein harter Kerl, dem Schmerzen nichts ausmachen. Nur sein bester Freund Moses und einige Personen aus seinem engsten Umfeld wissen, dass hinter seiner rauen Schale ein sensibler und einfühlsamer Mensch steckt.
Eines Tages eröffnet ihm sein Geschäftsführer, dass er eine neue Pole-Tänzerin eingestellt hat, und er deutet an, dass etwas mit ihr anders ist. Mit einem gewissen Misstrauen beobachtet er ihren Tanz.
Sie machte sich so gut an der Stange wie die anderen Mädchen, vielleicht sogar besser, aber ihr Tanz war eher akrobatisch als anzüglich und sexy. (S. 31)
Sie hält die Augen geschlossen, was er irritierend findet. Schließlich gehört das Flirten mit dem männlichen Publikum zum Job. Der Tanz im Hinterzimmer „ist sozusagen die Kirsche auf der Sahne eines Etablissements, in dem hart arbeitende Männer fröhlich ihren Feierabend genießen.“ (S. 30)
Aber man übernimmt in dieser Bar Verantwortung für die weiblichen Angestellten und dazu gehört, dass die Tänzerinnen abends nach Hause begleitet werden. An diesem Abend übernimmt er das selbst. Als er die neue Tänzerin, sie heißt Amelie, mit einem langen Stock sieht und sie sich zu ihm umdreht, erkennt er, dass sie blind ist.
Er bringt sie nach Hause und unterhält sich gut mit ihr.
Etwas später bespricht er seine Entscheidung, sie einzustellen, mit seinem Geschäftsführer und merkt, dass es ihn stört, dass sein männliches Personal sie anzüglich beobachtet. Bei den sehenden Tänzerinnen hat ihn das nie gestört, aber bei Amelie, die ja die Männer nicht sieht.
Tagg merkt, dass es für seinen Geschäftsführer ein Riesenwitz ist, eine blinde Tänzerin für kurze Zeit vorzuführen. Er kündigt ihm, weil er dessen Haltung Amelie gegenüber unanständig findet. Amelie behält den Job, weil sie gerne tanzen will, und sie freunden sich an. Er nennt sie Millie.
Amelie erblindete mit elf.
„Eine seltene Erkrankung mit einem komplizierten Namen, den du vermutlich vergessen würdest, noch ehe ich ihn ganz ausgesprochen habe. Wir haben nicht gemerkt, was passiert ist, bis es zu spät war. Und selbst wenn wir es früher bemerkt hatten, hätten wir nichts dagegen machen können.“ (S. 41)
Mittlerweile ist sie Anfang zwanzig und lebt allein mit ihrem jüngeren autistischen Bruder in dem Haus, das ihr ihre Eltern hinterlassen haben. Der Vater, ein berühmter Sportler, hat sich kurz nach ihrer Erblindung von der Familie getrennt, weil er zwei behinderte Kinder nicht ertrug. Die Mutter starb, als sie achtzehn war.
Amelie und ihr Bruder Henry unterstützen sich gegenseitig und eine Cousine berät sie freundschaftlich.
Tagg verbringt viel Zeit mit Amelie und ihrem Bruder und nimmt sie überallhin mit. Er findet Millie nicht nur klug, nett und witzig, sondern auch ausgesprochen attraktiv. Doch der Mann, der schon mit vielen Tänzerinnen im Bett war, hat bei Millie Skrupel. Millie spricht ihn darauf an.
„Hast du Angst davor, mich zu küssen?“
„Warum sollte ich Angst davor haben?“ Und ob ich verdammt noch mal Angst hatte.
„Weil ein blindes Mädchen küssen ungefähr so ist, als würde man einen Bettler bestehlen oder einen Pfarrer anlügen, weißt du das nicht? Als ob man ein Kind schlägt oder ein Kätzchen ertränkt. Eine der unverzeihlichen Sünden.“
Ich fluchte leise, halb versucht, über ihre Unverblümtheit zu lachen, aber auch ein wenig angepisst, dass sie so scharfsinnig war. (S. 157 f.)
Schließlich werden sie doch ein Paar; Tagg, der sich nie auf eine Frau einlassen wollte, möchte sie heiraten. Doch plötzlich taucht er ab und hinterlässt ihr nichts als zahlreiche Kassettenbriefe, in denen er die Geschichte der beginnenden Liebe aus seiner Sicht erzählt. Millie (und mit ihr die Leser und Leserinnen) erfahren nach und nach die Gründe für seinen plötzlichen Rückzug:
Tagg hatte durch Zufall erfahren, dass er einen Hirntumor hat, und brach deshalb alle Kontakte ab. Er überschrieb seine Geschäfte seinen Angestellten und machte noch einen letzten Kampf, um von dem Preisgeld seine Schulden bei seinen Eltern zu bezahlen. Danach, so sein Plan, wollte er sich zurückziehen und sterben.
Doch Millie und sein Freund Moses geben nicht auf, sie fahren zu seinem letzten Kampf, den er gewinnt. Danach bricht er mit einem epileptischen Anfall zusammen und kommt ins Krankenhaus. Millie und Moses weichen nicht von seiner Seite und können ihn dazu bringen, eine Krebstherapie zu beginnen. Außerdem kann Millie ihn überreden, sie zu heiraten.
„Du wolltest mich trotz meiner Blindheit heiraten, und ich will dich trotz des Tumors heiraten. Ist das so schwer zu verstehen?“ (S. 344)
Die beiden heiraten und bevor die Chemotherapie beginnt, wird Millie schwanger.
Die Geschichte wird sowohl aus Taggs Perspektive (in seinen Kassettenbriefen) als auch aus der Perspektive seines Freunds Moses erzählt. Im Nachhinein erfahren die Leser und Leserinnen, dass aus dem gemeinsamen Baby ein erfolgreicher Politiker wird, dem man das Präsidentenamt zutraut.