Hey, Richard: Ohne Geld singt der Blinde nicht

Reinbek : Rowohlt 1983
Erstveröffentlichung 1980
318 S.
Roman

Die Berliner Kommissarin Katharina Ledermacher soll verschiedene Todesfälle aufklären. Obwohl die Fälle scheinbar nichts miteinander zu tun haben, hängen sie am Ende doch alle miteinander zusammen, und die Drahtzieher befinden sich unter Katharinas Vorgesetzten. Katharina quittiert daraufhin ihren Dienst.
In dem Roman tauchen zwei blinde Männer auf. Der erste ist ihr Nachbar, ein blinder, persischer Student, der regelmäßig seinen Hund ausführt.

Der Blinde schien nicht zu leiden. Im Gegenteil, sein blicklos vorgestrecktes Gesicht mit dem sanften Lächeln wirkte tröstend, machte zuversichtlich. (S. 9)

Katharina beobachtet ihn jeden Morgen und glaubt, die Welt sei in Ordnung, solange er seine Runden dreht. Eines Tages erscheint er jedoch nicht mehr.
Im Laufe der Ermittlungen, die größtenteils in Italien stattfinden, lernt sie einen zweiten blinden Mann kennen, einen Puppenspieler, den sie zufällig bei einem Auftritt beobachtet. Sie ist beeindruckt von seinem Spiel und erfährt erst später, dass er blind ist. Daraufhin wird ihr die Bedeutung des Pappschildes klar, das er um den Hals trägt. Darauf steht ein altes ligurisches Sprichwort: Ohne Geld singt der Blinde nicht. Katharina erfährt, wie er erblindete. Er hatte im Krieg in Libyen lange verwundet in der Wüste gelegen, bevor er von Beduinen gefunden wurde.

Seitdem fast blind. Könne nur wie durch einen langen Tunnel ganz kleine runde Ausschnitte sehen. Hätte anfangs auch alle Erinnerungen verloren, wußte lange nicht, wer er war. Redete seitdem nicht mehr, nur ein einziges Wort: Spagn’africa. (S. 147)

Der blinde Puppenspieler kommt relativ selten vor; einmal wird seine Sehbehinderung beschrieben, als er Puppenkleider näht.

Er hielt den Kopf mit den grauen Haarspießen tief auf das Knie herabgebeugt und schräg zur Seite gedreht, damit hinter den dunklen Brillengläsern für den winzigen Sehtunnel seiner Augen die richtige Perspektive entstand. (S. 265)

Zusätzlich tastet er die Nähte ab.
Der blinde Puppenspieler ist ein wichtiger Zeuge für Katharina. Er kennt die Lebensgeschichten einiger wichtiger Leute, und gegen ein Halstuch als Bezahlung gibt er sein Hintergrundwissen preis. Das Ungewöhnliche an seinen Aussagen ist seine Art, sich mitzuteilen. Er redet nur in Zeichensprache, ein junger Mann aus dem Ort muss übersetzten. Der Übersetzer bedient sich der Handzeichen, um mit dem offenbar hörenden, aber fast blinden Puppenspieler zu kommunizieren.

 

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