Kern, Michel: Weiter als die Augen reichen
LES YEUX AU BOUT DES DOIGTS, 2001
Freiburg : Paulus, 2005
260 S.
Autobiografie
Michel Kern wird 1928 in der Schweiz geboren. Durch ein angeborenes Glaukom ist er schon als Kind sehbehindert, er kann nur auf einem Auge sehen und auch das nicht gut.
Seine Eltern und Großeltern sind untereinander zerstritten, er bezeichnet sie immer wieder als egoistisch, aber sie tun alles, um Michel medizinisch betreuen zu lassen. Seine Brüder, besonders der nächstältere, behandeln ihn wie einen sehenden Menschen. Einmal erhält dieser Bruder den Auftrag, Michel nach der Schule abzuholen, vergisst es aber. Die Mutter macht ihm Vorwürfe, er antwortet nur: „Bin ich der Hüter meines Bruders?“ (S. 83)
Den größten Teil seiner Schulzeit absolviert er in Regelschulen, Lehrer und Mitschüler nehmen meist viel Rücksicht auf seine Behinderung. So werden bei einem Spiel die Regeln variiert, damit er mitmachen kann. Wenn er in Erdkunde Orte auf der Landkarte nur ungefähr zeigen kann, akzeptiert der Lehrer das und verteidigt ihn, wenn ein anderes Kind missgünstig reagiert. Trotzdem hat er kaum Freunde, was er seiner egoistischen Mutter anlastet, die die Besucher abschreckt.
Nach der Schulzeit macht er eine kaufmännische Ausbildung, was ihn langweilt. Eine Lehre als Elektrotechniker bereitet ihm mehr Spaß, doch er findet danach keine Arbeit, weil kein Unternehmen einen sehbehinderten Mitarbeiter einstellen will. Kurze Zeit arbeitet er auch als Bürstenbinder und blinder Hausierer, doch das liegt ihm nicht. Danach beginnt er eine Ausbildung als Klavierstimmer, die er abbricht, als er endgültig erblindet.
Ich sah keine Möglichkeit, diesen Beruf auszuüben, wenn ich, abgesehen von meinem geringen Geschäftssinn, auch noch einen Begleiter bezahlen musste. (S. 95)
Schließlich wird er Physiotherapeut und macht sich damit selbstständig. Da er sehr engagiert ist, hat er immer einen guten Patientenstamm. Eine seiner Patientinnen wird seine Ehefrau.
Privat hat er vielfältige Hobbys, wie Musik, Segeln und Bergwandern. Dabei lässt er sich von seiner Blindheit wenig einschränken, notfalls steuert er ein Boot auch allein zurück.
Die Autobiografie ist nicht chronologisch geschrieben, sondern nach Themenschwerpunkten geordnet.