Keun, Irmgard: Das kunstseidene Mädchen
München : Deutscher Taschenbuchverlag 1989
Ersterscheinung 1932
139 S.
Roman
In den 1930er Jahren möchte Doris, ein Mädchen aus einfachen Verhältnissen, „ein Glanz“ werden, sie möchte zu den Reichen und Schönen gehören. Darum bevorzugt sie Liebhaber mit Geld und Einfluss, aber sie macht auch Ausnahmen, zum Beispiel bei Herrn Brenner. Sie lernt ihn kennen, als sie nach Berlin zieht. Er ist kriegsblind und sitzt den ganzen Tag in der Küche, während seine Frau arbeitet. Doris besucht ihn regelmäßig, denn er tut ihr leid.
Ich sammle Sehen für ihn. Ich gucke mir alle Straßen an und Lokale und Leute und Laternen. Dann merke ich mir mein Sehen und bringe es ihm. (S. 62)
Dabei beschönigt sie einige Dinge.
Frau Brenner beschließt ihren Mann in ein Heim zu geben. Er will noch ein letztes Mal durch Berlin gehen und Doris begleitet ihn. Sie gehen einen Abend durch die Straßen und Lokale und versuchen dabei so zu tun, als seien sie fröhlich. Doris merkt, dass sie ihn geliebt hat.
Es kann nämlich auch sein, daß ich ihn doch etwas lieb gehabt habe – ich will ja nur nicht und wehre mich wegen meiner Karriere und weil es nur Leid ist. Aber was will man machen, man merkt’s immer zu spät, wenn im Bauch was anfängt, so blödsinnig weh zu tun – meine Hand kann er ja eigentlich mal nehmen. (S. 76)
Danach bricht der Kontakt ab.