Kurson, Robert: Der Blinde, der wieder sehen lernte
CRASHING THROUGH, 2007
Hamburg : Hoffmann und Campe, 2008
416 S.
Autobiografie
Mike May erblindet als dreijähriger Junge durch eine Explosion. Seine Mutter ermutigt ihn von Anfang an, die Welt genauso zu erkunden wie ein sehendes Kind. Blaue Flecken und Schrammen gehören dazu.
„Im Laufe seines Vorschuljahres nahm er mit seinen Prellungen und Schrammen das Aussehen einer wandelnden Malpalette an“ (S. 35)
Aber das kann ihn nicht entmutigen, er lernt Fahrrad fahren, macht jede Art von Sport und ist später bei den Paralympics erfolgreich. Er will vor nichts Angst haben, Abenteuer erleben und darauf hoffen, dass es immer einen Weg gibt.
Nach dem College arbeitet er eine Zeitlang für den CIA, jobbt bei einer Bank und spielt in einem Theaterstück die Rolle einer blinden Person. Später versucht er sich als Unternehmer, er ist nicht mit allen Projekten erfolgreich, aber er lässt sich nie entmutigen. May heiratet und bekommt zwei Söhne. Zufälligerweise lernt er 1999 einen Augenarzt kennen, der ihn untersucht und ihm Hoffnung auf Heilung macht. Die Risiken einer Operation sind erheblich. Er überlegt lange, denn er hat das Sehen in den letzten Jahren nicht vermisst. Seine Meinung ist:
Mit Sehvermögen leben ist großartig. Aber ohne Sehvermögen leben ist es auch. (S. 10)
Trotzdem lässt er sich auf die Operation ein, er will es ausprobieren, wie er in seinem Leben immer alles Neue ausprobiert. Die Operation verläuft erfolgreich, er kann sehen, allerdings hauptsächlich Farben, Formen und Bewegungen; vieles kann er auch nicht erkennen, zum Beispiel Gesichter und Raumtiefe. Eine Ärztin, die zahlreiche Tests mit ihm macht, erklärt ihm, dass sich das voraussichtlich auch nicht wesentlich verbessern würde.
(…) der Sehvorgang bei May werde wohl immer kognitive Schwerstarbeit bleiben, ein mühsamer Prozess des Indiziensammelns und Zusammenreimens, ein ständiger Kampf mit Reizüberflutung und der daraus resultierenden Erschöpfung. (S. 360)
May will es erst nicht glauben; trotzdem ist er froh, dass er sich für die Operation entschieden hat, denn er ist sich selbst treu geblieben und hat es zumindest probiert. Außerdem hat er wenigstens eine reduzierte Sehfähigkeit erlangt und einige Kenntnisse über das Sehen gewonnen. Er beginnt seine eingeschränkte Sehfähigkeit zu akzeptieren und sich auf das zu konzentrieren, was er kann.
Befreit von dem Druck, alles zu sehen, kann er nun seine eingeschränkte Sehfähigkeit genießen. Umso mehr trifft es ihn, als er von seinem Arzt hört, dass sich seine Hornhaut abzulösen droht. Er entscheidet sich für eine hochdosierte Behandlung mit einem krebserregenden Medikament. Es funktioniert und er bereut die Entscheidung auch später nicht, als ein Arzt Hautkrebs feststellt. Er würde es wieder so machen.