MacDonald, Ross: Triff mich in der Leichenhalle
MEET AT THE MORGUE, 1953
Reinbek : Rowohlt, 1980
157 S.
Roman
Ein Kind wird entführt und die Kidnapper fordern den Vater auf, das Lösegeld an einem bestimmten Kiosk zu hinterlegen. Als Erstes wird der vorbestrafte Chauffeur der Familie verdächtigt. Sein Bewährungshelfer, der den Fall aufklären will, fährt zu dem Kiosk, an dem die Geldübergabe stattgefunden hat, in der Hoffnung, dort einen Zeugen zu finden.
Es gab einen Zeugen, doch der war blind. Auf einer kleinen, grauen Tafel am Zeitungskiosk stand: BLINDENBETRIEB. Der Mann hinter dem Ladentisch trug undurchsichtige Brillengläser und sprach im langsamen, deutlichen Tonfall des Blinden“ (S. 31)
Es stellt sich heraus, dass der blinde Kioskbesitzer ein hervorragender Zeuge ist.
„Ich sehe mit meinem Gehör und meinem Gefühl und meinem Geruchssinn. Sie kommen gerade vom Land, nicht wahr? Sie riechen nach Land.“ (S. 32)
Der blinde Mann weiß auch, wer den Koffer abgeholt hat. Er weiß, dass es ein Hoteldiener von einem Hotel in der Nähe war, denn die Hoteldiener kommen öfter, und der blinde Kioskbesitzer erkennt sie am Gang und an der Art, wie sie ein Geldstück anfassen. Der Bewährungshelfer ist beeindruckt.
Aus den Poren seines Gesichtes traten Schweißtropfen. Es war eine anstrengende Arbeit, die Wirklichkeit aus den verwehten Geräuschfetzen zu rekonstruieren. „Jetzt hab ich‘s“, rief er. „Er hatte den Koffer in der Hand. Er hat ihn aufgehoben, bevor er hereinkam. Ich hörte ihn gegen den Türrahmen schlagen. Ich glaube, es war Sandy, derjenige, den sie Sandy nennen. Gewöhnlich begrüßt er mich, aber diesmal sprach er kein Wort. Ich wunderte mich noch, weshalb er nichts sagte.“ (S. 33)
Sandy ist zwar nicht der Kidnapper, aber er hat den Geldkoffer tatsächlich im Auftrag abgeholt, der Bewährungshelfer ist nun auf der richtigen Spur. Der blinde Mann taucht im weiteren Krimi nicht mehr auf; die Szene, in der er als Zeuge aussagt, umfasst zwei Seiten.