MacGregor, Virginia: Der Junge, der mit dem Herzen sah

WHAT MILO SAW
München : Manhattan, 2015
413 S.
Roman

Milo ist neun Jahre alt und lebt bei seiner Mutter und seiner geliebten Urgroßmutter, Gran. Der Vater ist mit seiner neuen schwangeren Frau nach Abu Dhabi gezogen.
Seitdem läuft nichts mehr, wie es soll. Die Mutter ist mit sich selbst beschäftigt, isst mengenweise Kekse, ihr Sportprogramm lässt sie schleifen und nimmt stetig zu, was sie durch Diätpillen ausgleichen will, ohne Erfolg. Ihr kleines Unternehmen, ein Schönheitssalon, geht dabei den Bach herunter. Die Schulprobleme ihres Sohnes nimmt sie kaum zur Kenntnis. Und Milo hat einiges an Problemen. Abgesehen davon, dass er keine sozialen Kontakte in der Klasse hat (und auch nicht vermisst), kommt er kaum im Stoff mit. Das liegt an seinen Augen, er hat Retinitis pigmentosa und beschreibt dies so, dass er die Welt wie durch ein Nadelöhr sieht.
Milos wichtigste Bezugspersonen sind ein Minischwein und die zweiundsechzigjährige Gran, die nicht spricht und alles auf einen Block schreibt. Nach der RP-Diagnose empfiehlt sie Milo: „Wir müssen deine anderen Sinne schärfen“ (S. 31), was der neunjährige Junge auch in Eigenregie macht. Er beginnt, auf alle Geräusche zu achten.
Nachdem Gran einen Küchenbrand verursacht hat, beschließt die Mutter, sie in ein Heim zu geben. Milo kann es nicht verhindern. Sie finden schnell ein Heim und Milo begreift genauso schnell, dass die Heimleiterin es nicht gut mit ihren Heimbewohnern meint. Es wird am Essen und der Pflege gespart, die Bewohner werden mit unsinnigen Vorschriften gegängelt und im Zweifelsfall mit Medikamenten ruhiggestellt. Doch fast alle Erwachsenen, denen Milo sich anvertraut, lassen ihn auflaufen. Alle halten die Leiterin für eine verantwortungsvolle und respektable Persönlichkeit.
Schließlich findet Milo doch noch zwei Verbündete. Es ist der Koch Tripi, ein syrischer Flüchtling, der offiziell nicht gemeldet ist und im Freien lebt. Er möchte das Heim und den Ort verlassen, um seine auf der Flucht verlorengegangene Schwester zu suchen. Der zweite Verbündete ist Al, ein Untermieter, der Grans Zimmer bezieht. Milo mag ihn erst nicht, auch wenn er ein weitläufiger Verwandter von Gran ist, er hält ihn für kriminell. Doch in diesem Fall täuscht sich Milo. Al ist Journalist, der verdeckt recherchiert und Milo in seinem Vorhaben unterstützt, ebenfalls im Heim verdeckt zu ermitteln. Tripi filmt heimlich mit Milos Handy die Zustände im Heim und Al entwickelt aus den Aufnahmen einen Film. Bei einer feierlichen Preisverleihung, bei der das Heim für sein „Engagement“ ausgezeichnet werden soll, geht Milo, der sonst bei jedem Referat in der Schule versagt, auf die Bühne, erzählt seine Familiengeschichte und von dem Heim. Dann wird der Film gezeigt. Die Heimleiterin verlässt fluchtartig den Saal.
Das Heim bekommt eine neue, den Senioren zugewandte Leitung, Milos Mutter und Tripi werden ein Paar. Der Vater zieht mit seiner neuen Familie in den Ort zurück und übernimmt Verantwortung für seinen Sohn Milo. Beide Elternteile gehen wieder friedlich miteinander um.
Das Besondere an Milo ist seine Weltsicht. Er hat nicht nur ein hervorragendes Gehör und ist sehr sensibel. Al, der Journalist und Untermieter, hält dies für eine direkte Folge seiner Augenerkrankung. Milo schaue mehr in die Tiefe und konzentriere sich auf die wesentlichen Dinge.
Der blinde Junge repräsentiert menschliche Werte in einer überwiegend kalten und egoistischen Welt.

 

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