Nadolny, Sten: Die Entdeckung der Langsamkeit

München : Piper, 1987
deutsche Ersterscheinung 1983
355 S.
Roman


John Franklin (1786–1847) war ein englischer Seefahrer, der als Kapitän mehrere Forschungsreisen zum Nordpol unternahm. Sten Nadolny beschreibt ihn als einen Mann, der extrem bedächtig und langsam war.
Die ersten Jahre auf See lernt er auf Kriegsschiffen. Bei einer Schlacht wird er angeschossen. Erstaunlicherweise überlebt er diese Verletzung und kann sich in Sicherheit bringen. Später wird er bewusstlos gefunden.
John Franklin hat folgende Erinnerung an diesen Vorfall: Er hat im Graben gelegen und konnte sich nicht bewegen. Dann kam ein blinder Mann und bot an, ihn zu tragen. John Franklin beschrieb ihm den Weg und so kamen beide aus der Gefahrenzone. Anfangs war die Zusammenarbeit etwas schwierig, weil sie die Verständigung noch üben mussten. Während der blinde Mann ihn trug, hatte John Franklin die Zeit, ihm seine Lebensphilosophie und die verschiedenen Arten des Sehens zu erläutern. Der blinde Mann hörte sich alles kommentarlos an. Später war er verschwunden, kein anderer Mensch konnte sich an ihn erinnern. Der Arzt vermutet, dass diese Begegnung nur ein Fiebertraum war.


John fühlte, daß er nach diesem Gespräch mit einem Blinden, der vielleicht nicht einmal wirklich existiert hatte, mehr Kraft besaß als zuvor. (S. 157 f.)


Die Begegnung mit dem blinden Mann (die möglicherweise nur ein Fiebertraum war) ist kurz, und später taucht der blinde Mann nicht mehr auf.
Im Mittelpunkt dieses Romans steht die ungewöhnliche Denkweise John Franklins, und in diesem Zusammenhang kommen immer wieder Begriffe wie Sehen und Blindheit vor.


Der Hunger schuf eine Langsamkeit, die nicht sehend war, sondern blind. (S. 249)

 

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