O’Connell, Carol: Blind Sight

BLIND SIGHT, 2016
München : BTB, 2018
510 S.
Roman


Die Heldin dieser Serie ist die besonders toughe New Yorker Polizistin Kathy Mallory.
Im Garten des Bürgermeisters von New York werden einige Leichen abgelegt; der ist Polizei klar, dass sie etwas mit dem Bürgermeister und seinen zweifelhaften Geldgeschäften zu tun haben.
Hinzu kommt eine Vermisstenanzeige: Ein blinder Junge, Jonah, wurde entführt, er ist der Neffe eines der Mordopfer aus dem Garten des Bürgermeisters. Von Anfang an ist klar, dass dies kein Zufall sein kann. Beide Fälle werden deshalb zusammen bearbeitet.
Während die Polizei sich mit den schmutzigen Geschäften des Bürgermeisters und seiner zwielichtigen Angestellten beschäftigt, wissen die Leser und Leserinnen schon, dass sich der zwölfjährige blinde Jonah tatsächlich in der Hand des Profikillers Iggy befindet, der als Todesbeweis allen Opfern das Herz herausschneidet. Und sie wissen, dass der Profikiller Kontakt zu Jonahs Tante hatte. Auch sie ist tot, war aber früher mit dem Killer befreundet, bevor sie in ein Kloster eintrat. Jonahs Herz fehlt noch, doch bevor Iggy Jonah töten will, versteckt er den Jungen einige Tage in demselben Raum, in dem auch die Tante des Jungen, die tote Nonne, liegt.
Während die Polizei ermittelt, wird immer wieder auch Jonahs Situation aus seiner eigenen Sicht geschildert.


Durch die Berührung hatte er das lange Ordensgewand und die Haube einer Nonne erkannt, doch dass es seine Tante Angie war, wusste er, weil der kleine Finger ihrer rechten Hand, den sie sich in jungen Jahren gebrochen hatte, krumm zusammengewachsen war. Diese Hand hatte Jonah so oft gehalten. Niemals könnte er sie mit einer anderen verwechseln. (S. 32)


Er erinnert sich an seine Tante, die ihm beibrachte, sich als blindes Kind zu orientieren und die ihn immer ermunterte, mutig zu sein. Doch in der Begegnung mit dem Mörder und Kidnapper verlässt ihn der Mut. Der Kidnapper stellt ihn mit einem Betäubungsmittel ruhig. Als Jonah aufwacht, ertastet und erkundet er systematisch den Raum, in dem er gefangen gehalten wird. Dann wird er wieder ohnmächtig. In den folgenden Tagen wechseln Phasen, in denen er wach ist, und Phasen, in denen er mit Medikamenten ruhiggestellt wird, ab. In den wachen Zeiten unterhält sich Iggy, der Profikiller, mit ihm, ganz gegen seine Angewohnheit, niemals mit „Fleisch“ zu reden.
Sie reden über Gott und die Welt und Blindheit. Iggy glaubt, Jonah würde die ganze Zeit schwarz sehen. Jonah widerspricht, versucht ihm zu erklären, dass dies nur eine Fehlinterpretation des Gehirns ist, und fordert Iggy auf, sich ein Auge zuzuhalten.


„Machen Sie einfach mal das linke Auge zu … mit dem sehen Sie kein schwarz, stimmt’s? Ihr Gehirn hat es nicht nötig, sich eine Geschichte für dieses Auge auszudenken. Ein Strom realer Informationen kommt nämlich von dem offenen Auge … es ist das geschlossene Auge, das Ihnen zeigt, wie das Nichts aussieht.“ (S. 224 f.)


In diesen Gesprächen will Jonah aber auch von Iggy wissen, wie es ist, als Profikiller zu leben.
Jonah versucht zu fliehen, der Stock des Wischmops soll ihm den Langstock ersetzen. Doch der Pitbull verhindert es.
Während Jonah gefangen ist, hält er innere Zwiesprache mit seiner Tante Angie, von der er zwar weiß, dass sie tot ist, von der er aber glaubt, dass ihr Geist ihn leiten würde. Zwei Dinge bringen ihn dazu, an seine Tante zu glauben. Zum einen hört er immer die Glöckchen, die sie zu Lebzeiten für ihn getragen hatte, um ihm die Orientierung zu erleichtern, und zum anderen riecht er den Rosenduft, der sie zu Lebzeiten umgab.
Schließlich will Iggy ihn umbringen. Er gibt ihm ein vergiftetes Getränk und zündet das Haus an. Jonah wird rechtzeitig gefunden und in ein Krankenhaus gebracht, wo er von der Polizei bewacht wird. Iggy, der erfährt, dass der Junge noch lebt, sucht ihn dort auf. Er umgeht die Sicherheitskontrollen, indem er sich eine Polizeiuniform anzieht. Am Ende bringt er es doch nicht fertig. Jonah überlebt.
Die Polizeipsychologin vermutet, dass Jonahs fester Glaube, seine Tante Angie sei ihm nahe, seine Überzeugung, das Glöckchen zu hören und Angies Rosen zu riechen, den Mörder mürbe gemacht habe. Vielleicht habe er auch Sympathien für das Kind entwickelt.
Kathy Mallory, die Polizistin, will der Sache mit den Glöckchen und dem Rosenduft aber noch nachgehen, denn Jonah soll im Zeugenstand nicht unglaubwürdig klingen.
Sie findet eine normale Erklärung dafür: Rosen gab es reichlich im Haus, und auf dem Dachboden des Hauses, wo Jonah versteckt wurde, hatte sich eine trächtige Katze eingenistet, die ein Halsband mit Glöckchen trug. Mallory entscheidet sich aber, Jonah seinen Glauben an die Anwesenheit seiner Tante zu lassen.

 

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