Panitz, Eberhard: Frau mit dunkler Brille

Halle : Mitteldeutscher Verlag, 1989
115 S.
Roman

Die Geschichte spielt in der DDR, vermutlich kurz vor der Öffnung der Mauer.
Der Ich-Erzähler erhält einen Anruf von Inge Jonas, einer blinden Kollegin, die Kinderbücher schreibt. Inge Jonas‘ totgeglaubter Vater ist unerwartet aus dem Westen gekommen. Der erste Kontakt verläuft für Inge unerfreulich, sie fühlt sich ihrem Vater gegenüber hilflos und bittet deshalb ihren Kollegen, sie zu besuchen und ihr beizustehen, wenn der Vater wiederkommt. Während beide auf den Vater warten, erzählt Inge dem Kollegen ihre ganze Lebensgeschichte. Sie war fünf, als sie erblindete. Der Krieg ging zu Ende und die Leute flüchteten. Ein Schuss oder ein Bombensplitter habe ihren Sehnerv getroffen, hieß es in dem Arztbericht. Genaueres wusste niemand, aber Inge glaubt sich zu erinnern, dass der Vater selbst auf sie und die Mutter schoss. Zuerst dreht sich das Gespräch nur um den Vater, den sie für einen skrupellosen Mörder und Opportunisten hält und der nun von ihr eine alte, für Inge wichtige Schreibmaschine will. Später geht es immer mehr um sie selbst, um ihre Rechthaberei und Uneinsichtigkeit, um ihre Beziehung zu ihrem ehemaligen Mann und um Inges Tochter, die unzufrieden war mit den Verhältnissen. Sie verschwand, vermutlich in den Westen, ohne Inge eine Nachricht zu hinterlassen. Alles, was Inge noch interessiert, ist, wie die Tochter, mit allem fertig wird.
Nachdem der Vater wieder abgereist ist, spricht Inge nie wieder von beiden.
Der Hauptanlass, sich kritisch mit dem Vater auseinanderzusetzen, ist die Blindheit und die Frage nach der Ursache ihrer Blindheit. Die eigentlichen Themen sind aber die Aufarbeitung der Vergangenheit und die Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit mit dem Staat.
Zuletzt bekommt die Blindheit eine symbolische Bedeutung, Inge bezeichnet sich rückblickend als blind der eigenen Tochter gegenüber.

 

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