Reuter, Johannes: Heide-Marathon
Simmern : Pandion Verlag, 2001
165 S.
Roman
Der Ich- Erzähler dieses Romans ist seit seiner Kindheit ein begeisterter Läufer. Er wird Lehrer und unterrichtet in einem Internat. Er schafft es, seine Leidenschaft für das Laufen an seine Schüler weiterzugeben.
Unter den Schülern gibt es drei „besondere Typen“: Einen Äthiopier, gelegentlich auch „Steppensohn“ genannt, einen mathematisch hochbegabten Jungen mit verwachsenem Rücken und den blinden Ingo. Dieser ist ein intelligenter, ehrgeiziger Schüler mit philosophischen Neigungen und besonderer Kenntnis der klassischen Musik. Er ist sozial gut integriert.
Sein Stubennachbar Martin und seine Mitschülerin Frauke kümmern sich intensiv um ihn. Die beiden beschreiben ihm, was sie sehen, und führen ihn beim Laufen, denn Ingo möchte wie sie an einem Marathon teilnehmen. Die Teilnahme eines blinden Schülers an einem Marathon ist aber für den Schulleiter ein großes Problem, er fürchtet um seine Sicherheit, ohne dass er eine konkrete Gefahr benennt. Es wird ein Kompromiss gefunden und die Mutter des neunzehnjährigen Schülers befragt. Sie willigt ein, doch der Direktor besteht darauf, Ingo ständig im Auge zu behalten und ihn beim Laufen zu begleiten.
Das einzige Problem, das beim Marathon auftritt, ist, dass Frauke, die Ingo führt, einen Wadenkrampf bekommt. Zuerst sieht es so aus, als wäre damit das Rennen auch für Ingo gelaufen. Dann springt erst der Lehrer als Begleitläufer ein, später übernimmt sein Freund Martin. Ingo kommt ans Ziel, nicht als Sieger, aber gut im Mittelfeld.
Während des Schuljahrs, in dem der Marathon geplant wird, entwickelt sich eine platonische Liebesbeziehung zwischen Ingo und Frauke.
Alle Integrationsprobleme konzentrieren sich auf den Marathonlauf, bei dem vermieden werden soll, dass ausgerechnet ein blinder Schüler sich eine Sportverletzung zuzieht.
Der Unterricht scheint für Ingo ein Selbstläufer zu sein, er benutzt eine Punktschriftmaschine, weitere Unterstützung braucht er nicht oder wird nicht erwähnt.
Es ist unklar, wann diese 2001 erschienene Geschichte spielt. Die Olympischen Spiele 1972 werden mehrfach erwähnt, ansonsten scheint die Handlung vollkommen zeitlos. Das Internat wirkt wie eine Kunstwelt, die losgelöst von den gesellschaftlichen Ereignissen existiert. In dieser zeitlosen Kunstwelt ist Ingo nicht irgendein blinder Jugendlicher, sondern der Prototyp des Blinden. So heißt es unter anderem:
Blinde wollen das nicht. (S. 40)
Wie bei allen Blinden (…) (S. 87)
(…) wie empfindsam Blinde sein konnten (S. 88)