Roe, Caroline: Die neun Tage des Verrats

REMEDY FOR TREASON – THE CHRONICLE OF ISAAC OF GIRONA, 1998
Reinbek : Rowohlt, 2000
313 S.
Roman

Der Roman spielt im 14. Jahrhundert in Katalonien, damals ein eigenständiges Königreich. Im jüdischen Viertel lebt der blinde, jüdische Arzt Isaac. Er ist erst im Erwachsenenalter erblindet und übt seinen Beruf noch aus, unterstützt von seiner Tochter Raquel und Yusuf, einem maurischen Jungen.
Seine Blindheit ist ihm teilweise nützlich, sie hilft ihm, moralische Einschränkungen zu umgehen und Frauen zu untersuchen. Sein Argument ist, dass er als blinder Mann nichts sieht, was er nicht sehen dürfte. Seine Tochter darf die Patientinnen nackt sehen und ihm die Krankheitsbilder beschreiben.
Der Bruder des Königs will die Macht an sich reißen und sammelt einige Unzufriedene um sich. Sie wollen den König und seine Kinder entführen und töten. Isaac steht in dieser Situation auf der Seite des Königs, er beschützt dessen Kinder und kann unter Einsatz seines Lebens die Intrige aufklären. Dabei hilft es ihm, dass er als Arzt ein gutes Verhältnis zu den Bewohnern der Stadt hat. So hört er, dass der Bademeister nicht mehr so fröhlich und gelassen klingt und er fragt ihn beharrlich nach seinen Beschwerden.

„Also“, sagte er schließlich, „du schläfst nicht mit der gewohnten Ruhe, du ißt nicht mit dem Appetit, den du gewöhnlich an den Tag legst, und der Magen flattert dir vor Nervosität – und das alles ohne Grund? Und seit wann das alles? Sag nichts. Ich weiß es schon. Es fing an dem Abend an, als die Nonne in deinem Bad getötet wurde, stimmt’s?“
„Ja, Herr“, gab Johann kläglich zu. (S. 213)

Er erfährt so vom Bademeister, dass sich die Aufständischen nachts im Badehaus versammeln wollen. Gemeinsam mit Yusuf lässt er sich in eine Umkleidekabine einschleusen und kann so belauschen, was besprochen wird. Im Laufe der Versammlung wird er von Aufständischen entdeckt, zusammengeschlagen und durch das Bad gezerrt.

Aber Isaac hörte gar nichts mehr, so sehr verwirrte ihn die plötzliche Erkenntnis, keine Ahnung zu haben, wo er sich befand oder welcher Richtung er zugewandt war. Er fürchtete Orientierungslosigkeit mehr als körperlichen Schaden; er fürchtete sie, so wie andere geschlossene Räume fürchteten. Sie ließ eine Panik aufkommen, die sein rationales Denken auslöschte. (S. 252)

Doch dann beginnt er sich wieder zu orientieren. Er tastet die Bank unter sich ab, erkennt die schlechte Verarbeitung und die Kerben im Holz und weiß wieder, wo er ist.
Yusuf und Raquel können Hilfe organisieren und ihn aus seiner Gefangenschaft retten. Seine Beobachtungen helfen dann dem König, die Anführer zu erkennen und festzunehmen.
Die Autorin bezieht sich auf einen blinden Mystiker namens Isaac.

Ob der große und berühmte blinde Mystiker Isaac ein Jahr nach dem historisch verbürgten Todesdatum als Arzt nach Girona wiederkehren kann, bleibt dem Leser überlassen. (S. 314)

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