Seidel, Ina: Das Wunschkind
Frankfurt am Main: Ullstein, 1987
Deutsche Ersterscheinung 1930
791 S.
Roman
Der Roman schildert die Zeit der Napoleonischen Kriege. Im Vordergrund steht Cornelie von Echter, deren Mann 1792 im Krieg stirbt. Cornelie ist schwanger, als sie davon erfährt, es ist ein Wunschkind. Es wird ein Junge und Cornelies wichtigster Lebensinhalt, bis er als junger Soldat stirbt. Cornelie ist eine starke Frau, die sich über viele Konventionen hinwegsetzt. Sie kümmert sich um die Armen in ihrer Umgebung und lernt dabei den Arzt Buzzini kennen, der wegen seiner Heilmethoden sehr umstritten ist. Cornelie bewundert ihn und seine Lebensauffassung und beginnt ein heimliches Verhältnis mit ihm. Eines Tages kommt ein Bauer mit seiner Tochter zu ihnen. Beate ist seit einem Brand blind.
Buzzini, den der Fall interessiert, übernimmt ihre Behandlung. Beate lebt nun einige Zeit im Hause Echter und wird von Cornelie nach Buzzinis Angaben versorgt. Der Arzt stellt fest, dass Beate außerdem (epileptische) Anfälle hat, die der Vater allerdings verschwiegen hat.
„Der Vater ...“, Buzzini zuckte lächelnd die Achseln und machte mit den Händen eine höflich anheimstellende Geste – „nun, er bestritt sogar die Möglichkeit, daß seine Tochter jemals Krämpfe gehabt haben könnte. Da ist dieser Freier, nicht wahr, und es müßten nicht Bauern sein, wenn sie solche Anfälle nicht als Makel empfinden sollten, viel schlimmer noch als die Blindheit, gar nicht zu vergleichen mit ihr. Denn Blindheit, das ist ein Unglück, ein stilles Unglück.“ (S. 323)
Buzzini geht davon aus, dass Blindheit und Anfälle dieselbe Ursache haben und deshalb zusammen behandelt werden müssen. Die Behandlung sieht folgendermaßen aus: Nach einer Zeit der Eingewöhnung und absoluten Schonung beginnt er sie durch Streichbewegungen zu magnetisieren. Dadurch löst er heftige Anfälle aus, doch er sagt, dass sie mit der Zeit weniger werden. Alles entwickelt sich, wenn auch langsam, so, wie Buzzini vorhergesagt hat. Die Augen werden ruhiger und Beate beginnt langsam wieder zu sehen, erst hell und dunkel, dann Umrisse. Dennoch bleibt offen, ob sie ganz geheilt werden kann, denn ihren Eltern wird die Behandlungsmethode unheimlich und sie holen Beate wieder ab, bevor Buzzini seine Behandlung abgeschlossen hat. Dieser abrupte Einschnitt hat zur Folge, dass das Ergebnis zunichte gemacht wird. Beate ist wieder blind wie am Anfang.
Die Episode mit der blinden Beate ist nur von untergeordneter Bedeutung, es geht um Cornelie, ihre Stärke, ihre Beziehung zu ihrem Sohn, dem Wunschkind, und um die politischen Verhältnisse.