Siegl, Irma: Die Blinde von St. Leonhard
Balve : Widukind, 1958
270 S.
Roman
Rudolf von Enna muss seinem Vater am Sterbebett schwören, eine entfernte Verwandte zu heiraten. Er schafft es nicht, seinem Vater zu sagen, dass er lieber Wally, ein armes Mädchen aus dem Dorf, heiraten will. Wally ist entsetzt, zumal sie bereits von ihm schwanger ist, aber Rudolf muss seinen Schwur einhalten. Wally erzählt ihm deshalb nichts von der Schwangerschaft. Sie heiratet stattdessen einen anderen Mann, der das Kind als seines annimmt. Seine einzige Bedingung ist, dass Rudolf von Enna nie von seiner Vaterschaft erfahren darf. Um für das Kind einen Vater zu haben, stimmt Wally zu. Rudolf glaubt, Wally habe ihn schon vor dem Schwur betrogen, und verachtet sie. Als das Kind, Angela, einige Monate alt ist, stellte man fest, dass es blind ist.
Wally ging viel zur Kirche und betete unter dem Bild der Muttergottes, daß diese dem Kind das Augenlicht schenken möge. Fast sah sie die Blindheit Angelas als Strafe Gottes an, weil sie nicht hatte verstehen wollen, daß man einen Schwur am Sterbebett halten müsse. (S. 79 f.)
Angela wächst heran; erst stirbt ihr Adoptivvater, dann ihre Mutter auf einer Wallfahrt, auf der sie um Heilung für Angela betet. Angela bleibt mit ihrer Großmutter Katinka zurück.
Daß Wally Silvaner nicht mehr lebte, sah man bereits dem Häuschen innen und außen an. Eine leichte Verwahrlosung machte sich bereits bemerkbar. Man mußte einen Teil des Viehs wieder verkaufen, ebenso den Grund, den Matthias Silvaner mit in die Ehe gebracht hatte. Die alte Katinka schaffte es nicht mehr. Angela machte sich nützlich, so gut sie vermochte. Aber was konnte eine Blinde schon tun? (S. 205 f.)
Mittlerweile ist Angela eine junge Frau und Rudolf von Enna unglücklich verheiratet. Da die Ehe kinderlos bleibt, nimmt er Stefan, einen armen, weitläufigen Verwandten auf. Stefan, inzwischen ebenfalls ein junger Mann, verliebt sich in Angela und sorgt dafür, dass ihre Augen operiert werden. Sie kann nun sehen, aber Stefan darf sie immer noch nicht heiraten. Jetzt ergreift die alte Katinka die Initiative, geht bei Regen und Sturm zum Schloss und erzählt Rudolf alles. Der will es erst nicht glauben, bis ein Blitz in einen nahen Baum einschlägt. Dies wird als Zeichen Gottes verstanden, und einer Ehe von Angela und Stefan steht nichts mehr im Wege.