Bjarnhof, Karl: Frühe Dämmerung

STJERNERNE BLEGNER
Gütersloh : Bertelsmann, 1958
317 S.
Autobiografie

Karl Bjarnhof, geboren 1898, beschreibt seine Kindheit und Jugend in einer dänischen Kleinstadt. Seine Eltern sind arm und sehr religiös. Der Vater, der als schwermütig beschrieben wird, hat gelegentlich Arbeit, aber die Hauptverdienerin ist die Mutter, die jeden Job annehmen muss, um die Familie zu ernähren.
Die Familie lebt in einem Mehrfamilienhaus, auf dem Hof spielen die Kinder, aber Karl hat nur wenige Freunde. Das liegt unter anderem daran, dass der Vater zur schwedischsprechenden Minderheit gehört und die Mutter tagsüber schläft, weil sie nachts arbeitet. Die Familie ist nicht wie andere Familien. Das größte Problem ist aber, dass Karl beim Spielen nicht mithalten kann.

„Wenn du so dumm bist, dass du noch nicht einmal einen Ball sehen kannst, der dicht vor deiner Nase liegt“, sagten sie, „dann wollen wir dich auch nicht dabeihaben.“ Ich versuchte zu erklären, daß ich einen roten Ball sehr wohl sehen könne. Sehen könne ich ihn ohne weiteres, wenn ich ihn nur erst entdeckt hätte. (S. 14)

Seine Mutter ermutigt ihn immer wieder, mit den anderen Kindern zu spielen, und ermahnt ihn, nicht eigen zu sein.

Ich antwortete nicht. Da war etwas mit einem roten Ball, den ich nicht entdecken konnte, aber das war zu schwierig, um es zu erklären. (S. 17)

Besonders deutlich werden seine Sehprobleme in der Schule. Fächer wie Geschichte, in denen er hauptsächlich zuhören muss, fallen ihm leicht. Schwieriger ist Rechnen, da kann er die Aufgaben an der Tafel nicht lesen. Weil er einen Nachbarn fragt, bekommt er Schläge mit dem Rohrstock. Nach dem Unterricht muss er die Aufgaben nachrechnen. Er geht direkt an die Tafel, liest sie aus der Nähe und kann die Aufgabe leicht im Kopf ausrechnen. Der Lehrer erkennt seine Sehprobleme und will helfen, aber das ist Karl gar nicht recht, denn nun nennen ihn die anderen Kinder „Schielauge“
Karl verbringt die Pausen auf der Schultoilette, der Lehrer macht sich noch mehr Sorgen und besucht die Eltern. Das bereitet Karl erst einmal neuen Ärger. Die Mutter klagt, weil der Sohn „Scherereien“ macht, der Vater glaubt, Karl wolle sich über die Frauen im benachbarten Blindenheim lustig machen. Aber dann geht die Mutter doch mit Karl zum Arzt. Der erste Arzt meint, Karl fehle nicht, er solle lernen, besser aufzupassen und als richtiger Junge ein paar Knüffe aushalten. Das hilft Karl im Alltag nicht weiter, ein weiterer Arzt wird aufgesucht. Der hat den Termin vergessen und als er schließlich kommt, riecht er stark nach Alkohol. Karl, der mit seiner Mutter lange im Behandlungszimmer gewartet hat, kennt die Tafel inzwischen auswendig, so dass er alles „lesen“ kann. Der Augenarzt bescheinigt ihm ebenfalls gesunde Augen. Eines Tages läuft Karl Schlittschuh, bis es neblig wird, wie er sagt. Aber an dem Tag ist es nicht neblig und nun folgen weitere Arztbesuche und es wird klar, dass er tatsächlich sehbehindert ist und auch seine Kopfschmerzen, seine gelegentliche Übelkeit, sein Farb- und Nebelsehen damit zusammenhängen. Ein Spezialist in Kopenhagen operiert ihn schließlich. Das bringt eine gewisse Zeit Aufschub, aber es wird immer deutlicher, dass Karl sich mit seiner Sehbehinderung arrangieren muss. Die Lehrer gehen unterschiedlich damit um, der eine Lehrer unterstützt ihn, die Punktschrift zu lernen und lernt sie auch selbst, einem anderen Lehrer ist alles gleichgültig, solange Karl nicht stört. Trotzdem ist Karl ein guter Schüler, besser als viele sehende Mitschüler. Parallel zur Schule nimmt er noch Punktschriftunterricht im Blindenheim. Er merkt dabei, dass er zu viel sieht, um blind zu sein, und es fällt ihm auch nicht leicht, sich in blinde Menschen hineinzuversetzen. So verschiebt er zum Beispiel das Strickkörbchen einer blinden Frau und versteht erst nicht, dass sie sauer reagiert. Aber er lernt, ihre Perspektive zu erkennen.
Schließlich soll er selbst ein Blindeninstitut besuchen, um einen Beruf zu erlernen. Das möchte er durchaus gerne machen, allerdings will er keinen handwerklichen Beruf erlernen, sondern lieber Musiker werden. Er hat mehrere Instrumente gelernt und seine Lehrer sind von seinem Talent sehr angetan. Doch bis dahin muss er erst einmal die Schule beenden. Er schließt in der Zeit Freundschaften und durchlebt die Pubertät.
Das Buch endet mit dem Schulabschluss und seinem Umzug in das Blindeninstitut in Kopenhagen.

 

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