Wilson, Robert: Der Blinde von Sevilla

THE BLIND MAN OF SEVILLE, 2003
München : Goldmann, 2004
637 S.
Roman

Einer der reichsten Männer Sevillas wird ermordet in seiner Wohnung aufgefunden. Der Mörder hatte ihm vor seinem Tod die Augenlider abgeschnitten und ihn offenbar gezwungen, ein Video anzuschauen.  
Chefinspektor Javier Falcón hält das von Anfang an für ein wichtiges Detail, zumal es nicht bei diesem Mord bleibt. Die Polizei ist sich sicher, dass es sich um denselben Täter handelt, auch weil er jedes Mal kleine Botschaften hinterlässt, in denen es ums Sehen beziehungsweise Nicht-Sehen geht. In der Bevölkerung heißt der Täter bald „Der Blinde von Sevilla“.
Falcón macht der Fall sehr zu schaffen, besonders weil ihm klar wird, dass eines der Opfer und möglicherweise auch der Täter mit seinem Vater bekannt war. Falcóns Vater war ein exzentrischer Künstler. Nun beginnt sein Sohn seine Tagebücher zu lesen. Dabei entdeckt er völlig neue Seiten an ihm. Er erfährt, dass der Vater früher ungewöhnlich brutal und rücksichtslos war und sexuelle Beziehungen zu Jungen unterhielt.
Falcón Junior sucht daraufhin psychologischen Rat, aber die erste Praxis, die er betritt, verlässt er fluchtartig wieder, weil dort Gemälde von seinem Vater hängen. Er sucht einen Psychologen, der sich garantiert nicht für Kunst interessiert, und sein Arzt empfiehlt ihm schließlich eine Psychologin.
Als er sie das erste Mal besucht, erzählt sie ihm, dass sie Retinitis pigmentosa hat. Deshalb hat sie eine spezielle Methode entwickelt.

„Ich kann Ihr Gesicht nur ungenau erkennen und das, wo wir doch so viel durch unsere Mimik kommunizieren. Ich jedoch muss Ihre Gefühle auf eine andere Art registrieren. Meine Methode ist vergleichbar der chinesischer Ärzte, die sich allein auf das Fühlen des Pulses verlassen. Sie legen Ihren Arm in die Mitte, ich fasse Ihr Handgelenk, und Sie reden.“ (S. 338)

Diese Psychologin sucht er mehrfach auf.
Am Ende stellt sich heraus, dass der Mörder der Enkel eines Mannes ist, den Falcóns Vater umgebracht hat. Deshalb inszenierte er die Morde, um Falcón dazu zu bringen, sich mit seinem Vater auseinanderzusetzen.

„Wer bist du?“ unterbrach Falcón ihn. „Wer bist du, verdammt noch mal?“
„Ich bin deine Augen“, sagte die Stimme. „Durch mich wirst du sehen lernen. Wie tapfer bist du, Javier?“ (S. 611)

Der Täter sagt auch, was er seinen Opfern vor ihrem Tod gezeigt hat. Nichts Grausames, sondern Bilder vom Glück, auf das sie verzichtet hatten, als sie sich für ein rücksichtsloses Leben entschieden.

 

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