Winkelmann, Andreas: Blinder Instinkt
München : Goldmann, 2011
405 S.
Roman
Die achtjährige blinde Sarah wird nachts aus einem Heim für behinderte Kinder entführt. Bei der Recherche stößt die Kommissarin Katharina Gottlieb auf einen ähnlichen Fall. Zehn Jahre zuvor wurde die damals achtjährige Sina Ungemach entführt. Katharina Gottlob nimmt Kontakt zu Sinas Bruder Max Ungemach auf, der mittlerweile ein berühmter Boxer ist.
Die Geschichte wird aus vier verschiedenen Perspektiven erzählt.
Max, der Boxer, der damals nicht auf seine Schwester aufpasste. Ihn verfolgt das schlechte Gewissen immer noch und er möchte sich an dem Täter rächen.
Katharina, die mit ihrem Team den Fall aufklären soll und die sich dabei in Max verliebt.
Der Täter, ein Einzelgänger, der selbst eine dicke Brille trägt und sich hässlich findet. Der Mann fühlt sich ständig angestarrt und hasst dieses Gefühl.
In einem abgelegenen Grundstück hat er sich ein Terrarium mit einem Urwald angelegt. Dort hält er Giftspinnen und Schlangen. Die Schlangen füttert er mit Mäusen, denen er vorher die Augen heraustrennt. Dann beobachtet er, wie die Mäuse von den Schlangen gejagt werden. Irgendwann reicht ihm das nicht mehr und er fängt an, blinde Mädchen zu entführen. Er will sie nicht töten, sondern jagen, genauer gesagt, er lässt sie von seinen Spinnen und Schlangen jagen.
Er freute sich schon auf die kommende Zeit mit ihr, malte sich jetzt schon aus, wie sie sich durch das Unterholz bewegen, wie sie flüchten, sich wehren und doch erliegen würde. (S. 79)
Dann gibt er ihnen ein Gegengift, um das grausame Spiel wiederholen zu können.
Sarah, das zweite blinde Opfer, auch aus ihrer Sicht wird die Geschichte erzählt.
Sarah erwachte mit fest aufeinandergebissenen Zähnen und lückenlos verschlossenen Lippen. Ihr ganzer Körper war ein einziger Krampf. Abrupt riss sie die Augen auf. Statt zu sehen, horchte und fühlte sie. Sofort spürte sie die schmerzhaft pochende Stelle an ihrem Fußknöchel, dort, wo die Schlange sie gebissen hatte. Sarah ließ eine Hand abwärts wandern und fand die Stelle. Sie war geschwollen und sehr berührungsempfindlich.
Die Schlange war doch wohl nicht giftig, schoss es ihr durch den Kopf. Sie lebte noch, konnte den Schmerz spüren und auch dieses dumpfe Dröhnen und Pochen im Kopf, dazu den trocken-pelzigen Belag im Mund. Und sie wurde beobachtet. (S. 124)
Beide blinde Mädchen, Sarah und Sina, scheinen intelligent und stark zu sein, aber bei diesem sadistischen Spiel haben sie keine Chance. Ihre Blindheit verstärkt ihre Opferrolle, weil sie zwar wissen, dass sie in Gefahr sind, aber nie sehen, was genau auf sie zukommt.