Wunsch, Ruth: Mein buntes, blindes Leben
Norderstedt : Books on Demand, 2004
232 S.
Autobiografie
Am 18. November 1930 erblickte ich das Licht der Welt, wobei das bei mir wörtlich zu nehmen ist. Während dies bei anderen Kindern ja eine Selbstverständlichkeit wäre, muss es bei mir doch erwähnt werden. Obwohl damals niemand ahnen konnte, welche große Bedeutung das Sehen oder besser gesagt das Nicht-Sehen für mich im Laufe meines Lebens haben sollte. (S. 7)
Das Nicht-Sehen spielt in dieser Autobiografie eine große Rolle, allerdings will die Autorin ihr Leben nicht auf diesen Aspekt reduzieren. Zunächst schildert sie ihre Kindheit, in der noch keiner etwas von ihrer Augenerkrankung ahnt. Als sie neun ist, fällt bei einer Schuluntersuchung auf, dass sie schlecht sehen kann. Die Augenärzte stellen allerdings noch nicht die Diagnose Retinitis pigmentosa.
In den folgenden Jahren versucht Ruth Wunsch, ihre zunehmende Sehbehinderung zu überspielen. Das wird immer schwieriger und gegen Ende der Schulzeit gibt eine Lehrerin ihr den Rat, sich an einen Blindenverein zu wenden.
Das Wort „Blindenverein“ war für meine Mutter und mich ein K.-O.-Schlag! Jetzt war es erstmals ausgesprochen, was bisher immer nur als Bedrohung über uns hing. Indem es ausgesprochen wurde, wurde es erst zur Realität. Ich würde blind werden! (S. 75)
Sie besucht die Blindenschule in Marburg, erst hat sie Bedenken, dann gefällt es ihr. Sie versteht sich gut mit ihren Mitschülern und hat ihren ersten Freund.
Nach ihrer Marburger Zeit zieht sie zurück in ihre Heimatstadt Bielefeld und arbeitet als Stenotypistin bei Oetker. Im Urlaub lernt sie ihren späteren Mann kennen und zieht mit ihm nach Hamburg.
Hier engagiert sie sich im Blindenverein, bei der CDU, fährt Tandem, lernt Segeln und probiert im Laufe der Jahre viele Dinge aus wie Ballonfliegen, Segelfliegen und Fallschirmspringen. Ihre zentrale Aussage ist:
Deshalb ist es so wichtig, immer wieder klar zu machen, dass wir natürlich auf Hilfe angewiesen sind, dass wir aber trotz unserer Behinderung ein selbstbestimmtes Leben führen können. (S. 152 f.)