Bourgeon, Roger: Sieg über die Nacht

ARTHUR DE LA NUIT, 1968
Frankfurt : Ullstein, 1986
156 S.
Roman

Die Geschichte spielt in den 1950er oder 1960er Jahren in Frankreich. Arthur, zwanzig Jahre alt, ist in einem kleinen Bergdorf aufgewachsen. Sein Vater ist Bauer und Arthur möchte in der Gegend bleiben, in der alle seine Freunde und zahlreiche Geschwister leben. Es ist in der Gegend Brauch, dass bei einer Hochzeit laut geknallt wird. Die jungen Männer ziehen sich dazu an einen sicheren Ort zurück und jagen Dynamit in die Luft. Bei einer solchen Knallerei gelangt etwas von dem Dynamit direkt in Arthurs Gesicht.
Im Krankenhaus können sie nur feststellen, dass Arthur dauerhaft blind ist und bleiben wird, die Augäpfel und der Sehnerv sind zerstört. Der Arzt rät ihm, in ein Rehabilitationszentrum zu gehen, um zu lernen, selbstständig zu leben und zu arbeiten. Nach einigem Überlegen entscheidet Arthur sich dafür, den Rat des Arztes anzunehmen. Die Einrichtung wird von einem kriegsblinden Mann geleitet.

Außer beim Unterricht und während der Mahlzeiten lebte man in Gruppen zu sechst. Denis Cochin, der Anstaltsleiter, den man „den Alten“ nannte, hatte festgestellt, daß das Zusammensein in zu großen Gruppen für die Blinden zu anstrengend war. Im Wirrwarr der Stimmen und Geräusche war es schwer, die einzelnen herauszuhören, voneinander zu unterscheiden und zu wissen, woher sie kamen. Daher hatte er die Insassen in Sechsergruppen eingeteilt. Jede dieser „Familien“ verfügte über kleine Einzelzimmer und einen größeren Gemeinschaftsraum mit Tischen, Sesseln, einem Radioapparat und Plattenspieler. Man zeigte Arthur die auf den Gängen in Handhöhe angebrachten hervortretenden Orientierungszeichen. (S. 27)

Seine Mitbewohner sind alle erst kürzlich erblindet und haben ihre Probleme damit, sich mit der Situation zurechtzufinden. Sie sorgen sich, ob sie ihre beruflichen Pläne umsetzen können, wovon sie leben und ob ihre Liebesbeziehungen noch halten.
Besonders schlimm ist es für alle, wenn sie das Mitleid der Menschen von außerhalb des Instituts erfahren. Auch der erste Besuch bei seiner Familie ist schwierig. Mal ist Arthur glücklich, weil seine Brüder ihn in ihren Alltag einbeziehen, dann wieder ist er deprimiert, weil ihm etwas nicht gelingt.
Sein alter Hausarzt bringt ihn auf die Idee, Masseur und Physiotherapeut zu werden. Damit könnte er auch in seinem Dorf, das vom Ski-Tourismus lebt, arbeiten. Das ist für Arthur eine große Herausforderung, da er nicht die nötige Schulbildung mitbringt. Aber er wird von vielen Menschen unterstützt, unter anderem von einem Professor, der schon einige blinde Schüler ausgebildet hatte.
Arthur hat jetzt ein Ziel.

„(…) ich will erst wieder ins Dorf zurückkehren, wenn ich einen richtigen Beruf habe und nicht mehr dem Mitleid oder der Verachtung der anderen ausgesetzt bin. In zwei Jahren werde ich wieder bei Euch sein und werde unser Tal nie mehr verlassen. Aber ich will dort als freier Mensch leben, bei dem man sein Gebrechen vergißt.“ (S. 78)

Die praktischen Übungen lernt er schnell und gut, mit der Theorie tut er sich schwer, aber er gleicht das durch doppelten Einsatz aus. Deshalb hat er schon bald die Möglichkeit, in den Ferien mit körperbehinderten Kindern zu arbeiten. Die Atmosphäre im Heim ist bedrückend, die Heimleiterin ist streng und Arthur gegenüber kritisch eingestellt. Aber er kann sich auf seine ruhige und selbstbewusste Art durchsetzen. Sein Versuch, ein Freizeitprogramm für die Kinder zu entwickeln, scheitert dann aber, denn er trifft nicht den Geschmack der Kinder.
In dieser Zeit hat er auch ein kurzes Verhältnis mit einer Mitarbeiterin dieser Einrichtung. Die Frau bricht es aber nach kurzer Zeit ab, sie sieht keine Zukunft in einem Leben mit einem Blinden. Er nimmt es gelassen.

Aber immerhin hatte Therese ihm bewiesen, daß er trotz seines Gebrechens noch jemand war, den man lieben konnte und dafür blieb er ihr dankbar. (S. 110)

Nach seiner Ausbildung kehrt Arthur wie geplant in sein Dorf zurück, macht sich als Masseur selbstständig und baut sich ein Haus. Schließlich nimmt er Kontakt zu Nicole auf, die er aus seiner Ausbildung kennt und die ebenfalls erblindet ist. Damals waren sie gut befreundet und Nicole hatte Arthur von ihrem Verlobten erzählt, mit dem sie nach der Erblindung nicht mehr zusammenleben konnte. Arthur lädt Nicole ein, bei ihm Urlaub zu machen, und nach ein paar Tagen beschließen sie, zu heiraten.

„Hör bitte zu, Nicole. Ich habe gründlich nachgedacht. Wir leben nicht mehr ganz in derselben Welt wie die anderen. Ich könnte mir nicht mehr vorstellen, mit einer Sehenden zu leben. Aber wir beide, wir sind doch von derselben Art.“ (S. 148 f.)

Das Buch endet mit der Geburt des ersten Kinds. Laut Klappentext handelt es sich um eine wahre Geschichte.

 

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