Bowles, Paul: Der Himmel über der Wüste
THE SHELTERING SKY, 1949
Reinbek : Rowohlt, 1989
284 S.
Roman
Port und Kit, ein New Yorker Ehepaar, das mit dem amerikanischen Großstadtleben unzufrieden ist, reist mit einem Freund durch Nordafrika. Sie verachten die Kultur, aus der sie kommen, und sie verachten die arabische und afrikanische Kultur. Sie können weder miteinander noch ohneeinander leben.
In einer sehr kurzen Szene besucht Port ein einheimisches Bordell. Die meisten Mädchen langweilen ihn, nur eine Tänzerin erregt seine Aufmerksamkeit. Es ist der „seltsam abwesende, somnambule Ausdruck des Mädchens“ (S. 120 f.), der ihm auffällt. Als das Mädchen seinen Tanz beendet, merkt Port an der Art, wie ihr beim Hinsetzen geholfen wird, dass sie blind ist. Das macht sie für ihn nur begehrenswerter, er will unbedingt mit ihr schlafen, doch dieses Mädchen kann er nicht haben. Er ist enttäuscht, die Einheimischen können das nicht verstehen.
Jetzt, wo er sie verloren hatte, war er überzeugt, daß er nicht nur um ein Vergnügen geprellt worden war, sondern daß er die Liebe selbst verloren hatte. (…) Sie würde seine Hände auf sein Jackenreverse gelegt haben, zögernd sein Gesicht betastet und mit ihren feinnervigen Fingern langsam über seine Lippen gestreichelt haben. Sie würde an der Brillantine in seinem Haar geschnuppert und seine Kleider sorgfältig berührt haben. Und im Bett, ohne Augen, die über das Bett hinausschauen konnten, wäre sie ganz für ihn da gewesen, eine Gefangene. Er dachte an die kleinen Spiele, die er mit ihr gespielt haben würde, er hätte vorgegeben, fort zu sein, wenn er in Wirklichkeit noch da war, er dachte an die ungezählten Möglichkeiten, wie er sie hätte zu Dank verpflichten können. (S. 123)
Die Textstelle, in der er das blinde Mädchen trifft und über sie nachdenkt, ist sehr kurz, er trifft sie danach nie wieder.