Buck, Pearl S.: Die Mutter

THE MOTHER, 1934
Berlin : Paul Zsolnay, 1949
311 S.
Roman

Der Roman spielt zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts im ländlichen China. Die Menschen sind Analphabeten und müssen einen Teil ihrer Ernte an den Gutsbesitzer abgeben.
Die Heldin der Geschichte wird im Roman „die Mutter“ genannt. Anfangs ist die Mutter zufrieden mit ihrem Leben. Trotz zahlreicher Streitigkeiten liebt sie ihren Mann und vor allem freut sie sich, regelmäßig schwanger zu werden. Er fühlt sich durch das traditionelle Landleben eingeengt, leidet unter der Armut, der schweren Arbeit auf dem Feld und empfindet die Kinder meist als Last. Er ist auch nicht bereit, seiner Tochter, die unter ständig entzündeten Augen leidet, Augenbalsam zu kaufen.
Eines Tages verlässt er das Haus mit allen Ersparnissen und kommt nicht wieder. Zu diesem Zeitpunkt hat die Mutter drei Kinder, das älteste ist fünf und muss schon auf dem Feld helfen. Als ihr klar wird, dass ihr Mann sie verlassen hat, versucht sie durch geschicktes Lügen, den Eindruck zu erwecken, ihr Mann habe in einer fernen Stadt Arbeit und verdiene gutes Geld. So will sie der gesellschaftlichen Schande entgehen. Später lässt sie eine fingierte Todesnachricht schicken, um offiziell als Witwe zu gelten. Sie wird vom Verwalter des Gutsbesitzers schwanger, treibt mit Gift ab und ist danach monatelang selbst krank und kann nur das Nötigste erledigen. Als sie wieder zu Kräften kommt, merkt sie, dass ihre Tochter fast vollständig erblindet ist. Das Kind hat es selbst kaum wahrgenommen, weil die Sehkraft sich schleichend verschlechtert hat. Außerdem ist das Kind sein ganzes Leben noch nicht aus seinem gewohnten Lebensumfeld herausgekommen, erst als es das erste Mal fremde Wege geht, merkt es, dass es diese kaum bewältigt. Nun will die Mutter endlich den versprochenen Balsam besorgen, doch es gibt kein Mittel gegen die Blindheit. Es gibt auch keine Diagnosen, nur Spekulationen. Vielleicht war es der Rauch in der Hütte, vielleicht ein inneres Feuer, eine Schuld in einem früheren Leben, eine Sünde des Vaters oder der Mutter. Der Mann, der den Balsam verkauft, kann es auch nicht sagen.
Die Mutter braucht einige Monate, bis sie die Blindheit der Tochter akzeptieren kann und sie mit den üblichen Hilfsmitteln ausrüstet. Das sind ein Stock, um den Weg zu ertasten, und ein Gong, um andere auf sie und ihre Blindheit aufmerksam zu machen.
Der Tradition folgend besorgt die Mutter für den ältesten Sohn eine Braut. Sie ist höflich und fleißig, doch sie mag die blinde Schwester ihres Mannes nicht. Die Mutter leidet sehr unter diesem Zustand, und sie widersetzt sich lange Zeit dem Drängen, die blinde Tochter zu verheiraten. Sie fürchtet, die Tochter könnte in einer solchen Ehe ausgenutzt und schlecht behandelt werden. Aber auf Dauer ist die feindselige Haltung der Schwiegertochter auch kaum zu ertragen.

Doch sie versetzte dem Mädchen hunderte kleiner Nadelstiche. Sie gab der Blinden die Schale nicht ganz voll mit Essen, so schien es wenigstens in den Augen der Mutter, und wenn irgendein Leckerbissen auf dem Tisch stand, gab sie gar nichts, und das blinde Mädchen, das nichts sah, wußte das nicht. (S. 220)

Die Schwiegertochter ist sauer, weil die Mutter sich weigert, ihre blinde Tochter zu vermählen, und sie möchte nicht für ihre Schwägerin sorgen müssen.
Der Mutter ist klar, dass sie nicht mehr lange leben wird und ihre blinde Tochter danach schutzlos der Schwägerin ausgeliefert sein wird. Deshalb schickt sie eine entfernte Verwandte auf die Suche nach einem Bräutigam. Eine blinde Frau gilt als schlechtes Angebot, doch die Verwandte findet einen jungen Mann. Als die Tochter zur Hochzeit abgeholt wird, ahnt die Mutter, dass sie nicht in gute Verhältnisse kommen wird. Sie schwankt in ihrem Entschluss, lässt die Tochter aber doch mitziehen, denn sie fürchtet die Schande und glaubt, keine andere Wahl zu haben. Da die blinde Tochter sie nicht besuchen kann, macht die Mutter sich nach Monaten auf den Weg, um nach ihr zu sehen. Die Verhältnisse sind schlimmer als befürchtet, das ganze Dorf ist extrem arm, die Menschen sind grob und unhöflich. Die Tochter ist gerade gestorben und die Mutter sieht, dass sie völlig unterernährt war. Die Mutter kehrt verzweifelt in ihr Dorf zurück und macht der Schwiegertochter Vorwürfe, weil sie sie zu diesem Schritt gezwungen hat.

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