Camus, Albert: Der Fall

LA CHUTE, 1956
Reinbek : Rowohlt, 1990
120 S.
Roman

In einer Amsterdamer Kneipe wird ein Gast von einem Mann angesprochen, der sich Johannes Clamant nennt und sich als Bußrichter bezeichnet. Die beiden treffen sich in den folgenden Tagen immer wieder. Dabei erzählt Johannes Clamant seinem neuen Bekannten seine ganze Lebensgeschichte. Er war früher als Pariser Staranwalt bemüht, Gutes zu tun und unfehlbar zu sein. Doch in der Schilderung seines früheren Verhaltens wird deutlich, dass nicht Hilfsbereitschaft und Selbstlosigkeit, sondern Eitelkeit und Selbstgefälligkeit seine eigentlichen Motive waren. Nachdem er selbst dies erkannt hatte, lebte er zunächst eine Zeitlang bewusst egoistisch. Schließlich zog er nach Amsterdam, wo er sich als Bußrichter betätigte. Erst am letzten Tag erklärt er seinem Gegenüber, was er unter diesem Amt versteht: Er klagt sich selbst an, aber so, dass sich sein Gesprächspartner in der Anklage wiederfindet. In der Schilderung seiner Anwaltszeit tauchen immer wieder blinde Menschen auf, denen er zum Beispiel über die Straße half, ob sie wollten oder nicht (S. 20, 34, 41, 72, 76). Die blinden Menschen sind keine eigenständigen Persönlichkeiten, sie bleiben das ganze Buch hindurch Statisten, so wie die anderen Leute, denen er in seiner Pariser Zeit half (Klienten, Passanten usw.). Er selbst betrachtete sie nur als Objekte, an denen er seine guten Taten beweisen konnte. Dadurch werden seine Scheinheiligkeit und auch die spätere Entwicklung deutlich.

Zurück