Chauffin, Yvonne: Die Reise des Tobias
LE VOYAGE DE TOBIE, 1955
Wien : Herold, 1958
177 S.
Roman
Während des Zweiten Weltkrieges lebt die Großfamilie Rambourt auf ihrem Gut in der Bretagne. Die jungen Männer sind im Krieg, im Widerstand. Zurück bleiben die Alten, die Frauen und die Kinder. Das Familienoberhaupt, die Großmutter Mally, ist seit einem Bombenangriff vollständig gelähmt und wird bis zu ihrem Tod von der Familie gepflegt. Ihr Sohn Alban würde gern auf dem Gut bleiben, um die Geburt seines ersten Kindes zu erleben, aber seine Frau Eve drängt ihn, seine Arbeit im Widerstand fortzusetzen. Auf der Rückfahrt seines letzten Einsatzes verunglückt die Eisenbahn und er erblindet.
Während zu Hause sein Sohn geboren wird und seine Mutter stirbt, liegt er weit weg im Krankenhaus. Zunächst ist es nur der körperliche Schmerz, der ihn halb wahnsinnig macht, dann kommen die praktischen Probleme. Alltägliche Dinge müssen neu gelernt werden, zum Beispiel wie man isst, ohne zu kleckern. Er wehrt sich gegen die Erkenntnis, blind zu sein, und seine Wut richtet sich besonders gegen die Fürsorgerin.
Denn heute ist Alban endgültig erblindet. Dieses Miststück von einem Mädchen ist nur deshalb hergekommen, um ihm mitzuteilen, er sei blind. Um es in die Dokumente einzutragen, damit alle Welt es weiß, damit niemand es vergisst, damit es endgültig sei. (S. 126)
Er will nichts von einer Umschulung und Blindenschrift hören, er stellt sich sogar vor, die Fürsorgerin zu erwürgen.
Ein Mönch, den er während seines letzten Einsatzes kennengelernt hat, besucht ihn in der Zeit regelmäßig, und eine mütterliche Freundin übernimmt es, seine Familie zu informieren, bevor er wieder zurückkehrt.
Das Verhältnis zu seiner Frau Eve ist distanziert, das heißt, sie entzieht sich ihm. Stattdessen verliebt sich seine achtzehnjährige Nichte in ihn. Eines Tages fällt sie ihm in die Arme und er erwidert die Umarmung, bis er merkt, dass es die falsche Frau ist. Er schiebt sie weg. Das Mädchen ist enttäuscht und kommt zu dem Schluss, dass sie ihn selbstlos lieben muss. Damit endet der Roman.
Obwohl am Ende alle enttäuscht und unzufrieden sind, allen voran der erblindete Alban, heißt es im Klappentext:
„Die Reise des Tobias“ ist ein durchaus lebensbejahender Roman, dessen äußere Handlung von einer tiefen Innerlichkeit getragen wird. (…) Es geht der Autorin nicht nur darum, zu schildern, wie Alban mit seiner Blindheit „fertig wird“, sie begnügt sich nicht mit der Resignation ihres Helden, sondern erbringt an der Gestalt des Blinden den Beweis, daß jedes Unheil, jedes Geschehen zu einer Kraftquelle geläutert werden kann, daß es für einen Christen keine Nacht ohne Ausweg gibt. (Klappentext)