Ani, Friedrich: Wer lebt, stirbt
München : Deutscher Taschenbuchverlag, 2007
221 S.
Roman
In diesem ersten Band der Seher-Reihe klärt Jonas Vogel den Mord an einem Wachmann auf. Von seinen Kollegen wird Jonas Vogel schon immer „der Seher“ genannt, weil er über ein ungewöhnliches räumliches Vorstellungsvermögen und über ein hervorragendes Gehör verfügt. Er kann alle Unsicherheiten und Schwankungen in der Stimme seines Gegenübers zuverlässig hören und deuten.
Neben den Herausforderungen, die die Ermittlungsarbeit mit sich bringt, hat er auch private Probleme. Die Ehe mit seiner Frau Esther ist schwierig und sein Sohn Max, ebenfalls Polizist, würde gerne bei der Mordkommission arbeiten, die Polizeiführung lässt aber nicht zwei Mitglieder aus einer Familie zu. Eines Tages sieht Jonas, wie eine alte Frau in eine Baugrube rutscht, direkt auf einen fahrenden Bagger zu. Die Frau erinnert ihn an einen Traum, den er in der Nacht zuvor hatte; er will helfen, kommt dabei selbst ins Rutschen und wird von dem Bagger angefahren. Als er wieder zu sich kommt, liegt er im Krankenhaus und ist blind.
Er selbst nimmt diese Nachricht vollkommen gelassen auf, er kennt blinde Menschen, die selbstständig leben, und ist gut über die wichtigsten Hilfsmittel informiert. Ganz anders seine Frau: Sie dreht durch, als sie die Diagnose erfährt. Zunächst leidet sie darunter, dass ihr Mann möglicherweise hilflos sein wird.
Sie stand da, im Strom der Leute, vor Entsetzen unfähig, auch nur einen Schritt zu machen, und dachte: Jetzt hab‘ ich einen Schwerbehinderten zuhause und niemanden, der mir beisteht.
Und sie dachte: Jetzt hab‘ ich mein Leben verloren. (S. 175)
Aber Jonas will keinesfalls schwerbehindert zu Hause sitzen und auf seine Frau angewiesen sein. Er will wieder in sein Büro zurück, und er traut sich das auch zu. Jetzt droht seine Frau, sich von ihm zu trennen, wenn er das wahrmacht.
Erst schlägt sie ihm vor, den nicht ausgebildeten Bobtail der verstorbenen blinden Nachbarin zu übernehmen. Als Jonas etwas später tatsächlich mit dem Hund hinausgehen will, fragt sie ihn, ob sein Kopf auch Schaden genommen habe.
Jonas Vogel unterläuft erfolgreich alle Bemühungen seiner Frau und seiner Angehörigen, ihn zu Hause zu halten. Er arbeitet auf eigene Faust weiter an dem Fall, den er vor seiner Erblindung bearbeitet hat, und kann den Täter zu einem Geständnis bewegen. Danach geht er in sein Büro, wo sein Sohn Max gerade als neuer Kollege aufgenommen wird. Schließlich ist sein Vater ja gerade ausgeschieden und hat damit Platz für ihn gemacht. Aber Jonas teilt allen mit, dass er in Zukunft wieder regelmäßig kommen und Vernehmungen durchführen will.