Davy, Walter: Die Blinden
Pölten : Niederösterreichisches Pressehaus, 1979
62 S.
Hörspiel - Printversion
Philipp Mantler, Telefonist im Hotel „Arentini“, wird von der Hotelleitung, den Kollegen und den Gästen sehr geschätzt. Er arbeitet zuverlässig. Doch das ist nicht alles. Er erkennt schnell die Probleme der Gäste und kann sie mit Umsicht und Diskretion vor Schaden bewahren.
Zu Beginn des Hörspiels bestellt ein Gast, der Gewerkschaftsvorsitzende der Hotelangestellten, ein Getränk auf sein Zimmer, öffnet aber wenige Minuten später nicht die Tür. Gleichzeitig ist sein Telefon ständig besetzt. Mantler schließt daraus, dass der Gast schwere gesundheitliche Probleme hat; er reagiert schnell, und das rettet dem Gewerkschaftsvorsitzenden das Leben.
Während Mantler und seine Kollegen ihren Aufgaben nachgehen, werden zwei wichtige Entscheidungen getroffen. Die Gewerkschaften fordern mehr Lohn, die Hotelbesitzer planen, ihre Telefonisten durch automatische Vermittlungsanlagen zu ersetzen. Direktor Arentini fällt die Entscheidung schwer; seine Freundin, Elfriede Bauer, ist selbst Telefonistin in einem anderen Hotel. Er nimmt ihre Angst vor Arbeitslosigkeit aber nicht wirklich ernst. Die Gewerkschaften setzen ihre Forderungen durch, um den Preis, dass rationalisiert wird.
Philipp Mantler und Elfriede Bauer werden arbeitslos und Elfriede nimmt sich das Leben. Dann wiederholt sich die Ausgangssituation: Der Gewerkschaftsvorsitzende bestellt sich ein Getränk, öffnet aber nicht die Tür und ist auch etwas später telefonisch nicht zu erreichen. Der ohnehin überforderte Portier sagt zum Anrufer, er möge später noch einmal anrufen.
Nach und nach erfahren die Leser und Leserinnen, dass Mantler blind ist. Das erste Mal wird nur angedeutet, dass er zum Sessel geführt wird, ein anderes Mal bestimmt er die Essenszutaten nach dem Geruch, dann sagt Elfriede, dass sie dem blinden Kollegen aus dem „Arentini“ nie den Platz wegnehmen würde. Mantlers Blindheit wirkt völlig nebensächlich, so, als hätte der Autor nur zufällig einen blinden Telefonisten statt eines sehenden gewählt. Das Stück heißt aber „Die Blinden“ und es geht – wie Vor- und Nachwort betonen – um symbolische Blindheit. Die Probleme der Mitmenschen werden nicht gesehen. Mantlers Blindheit wird der symbolischen gegenübergestellt.