Gailly, Christian: KV 622

KV 622, 1989
Bremen : Manholt, 1991
123 S.
Roman

Ein Mann hört zufällig im Radio ein Konzert. Es fasziniert ihn, und als sich die Gelegenheit ergibt, will er das Konzert besuchen. Die Vorbereitungen und der Kleiderkauf werden ausführlich beschrieben, er ist bei allem unentschlossen.
Erst im zweiten Teil findet das Konzert statt. Im Foyer begegnet er einer blinden Frau.

Sorgen wir für Klarheit, sie steht weder für das Schicksal der Menschen noch für das Gewissen der Welt, ich sage das deshalb, weil die Gestalt des Blinden immer falsch gedeutet, überfrachtet, übertrieben metaphorisch verstanden wird, man denke nur an die Sache mit dem Orakel; man dramatisiert das Ganze, macht eine Geschichte daraus, man kann nicht anders, dabei ist es nur eine bedauernswerte Frau, und es wird sich später herausstellen, daß ihr Leben nicht einmal wert ist, erzählt zu werden. (S. 75 f.)

Diese Begegnung wird für den Mann, der eigentlich nur das Konzert hören wollte, folgenschwer, denn die blinde Frau wird von ihrem Ehemann gebracht, der sie auf diesem Weg loswerden will. So kommt es, dass er die blinde Frau nach dem Konzert nach Hause begleitet.

Ich weiß, Geschichten von Blinden gibt es massenweise. Jeder von uns hat mindestens einmal im Leben Gelegenheit gehabt, einem Blinden über die Straße zu helfen; manche haben sich gedrückt, andere nicht, aber nur wenige haben das unermeßliche Glück kennengelernt, eine schöne, blinde Frau nach Hause zu begleiten, die sie weit weg von zu Hause getroffen haben. (S. 105)

Obwohl sie sich nicht besonders verstehen und aggressiv miteinander reden, geht er mit ihr in die Wohnung und sie fordert ihn zum Sex auf. Damit endet der Roman.

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