Ganghofer, Ludwig: Das Gotteslehen

München : Droemer Knaur
Ersterscheinung 1899
330 S.
Roman

Im 13. Jahrhundert müssen die Bauern rund um das Kloster Berchtesgaden Steuern an das Kloster zahlen. Nur der Bauer Greimold beruft sich auf ein altes Recht, wonach er dem Kloster nichts schuldet. Jahrelang wurde dies anerkannt, nun hat es sich der Dekan anders überlegt und klagt bei dem Bauern die Abgaben ein.
Der Bauer hat die sechsjährige Tochter Jutta, die eines Tages plötzlich erblindet, sie kann von einem Moment zum anderen nichts mehr sehen. Die Eltern sind so verzweifelt, dass sie sich im Kloster Hilfe holen wollen. Dort sagt man den Eltern, das sei die Strafe Gottes für ihren Starrsinn.
Dreizehn Jahre später ist Jutta zwar eine junge Frau, hat aber noch das Weltbild eines Kindes. Sie lebt zeitlos in den Tag hinein.
Im Kloster ist Graf Irimbert einige Wochen zu Gast, auf der Jagd lernt er Jutta kennen und ist sofort angetan von ihr. Er fühlt sich von dem Tag an als ihr Beschützer, aber der Vater macht sich Sorgen, was langfristig aus seinem Kind werden soll.
Als es zu einer Auseinandersetzung zwischen Greimold und den Eintreibern des Klosters kommt, ergreift Irimbert Partei für den Bauern und seine blinde Tochter. Damit macht er sich im Kloster Feinde und wird lebendig eingemauert. Doch bevor er stirbt, erfahren die Verantwortlichen im Kloster, dass ihn ein großes Erbe erwartet. Sie holen ihn aus den Mauern und pflegen ihn gesund. Irimbert durchschaut, dass sie ihn nur wegen seines Erbes gerettet haben. Er möchte einen Teil seines Erbes nutzen, um einen jüdischen Arzt zu bezahlen, der Jutta sehend machen soll. Sonst interessiert ihn nichts mehr in diesem Leben. Deshalb schließt er einen Pakt mit dem Kloster. Er überlässt ihm sein Erbe, bleibt aber einen Sommer lang frei und Greimold soll ein Leben lang freier Bauer bleiben.
Jutta wird tatsächlich erfolgreich operiert, was zu einer ersten Enttäuschung führt.

„Vater! Wo bist du?“ Da stand ein Mann vor ihr, mit altem Gesicht und grauem Haar. Den kannte sie nicht. Sie wollte den Vater sehen. „Vater! Vater!“ Ihre Augen suchten. Und plötzlich erschrak sie in tiefster Seele. Sie sah ein bleiches, abgezehrtes Gesicht, von weißem Haar umhangen, mit Augen, in denen Gram wie Feuer brannte. Wehrend streckte sie die Hände und stammelte „Der Schmerz!“ (S. 279)

Jutta darf nur kurz sehen, dann verbindet ihr der Arzt die Augen wieder für einige Wochen. Vorzeitiges Sehen werde den Heilungserfolg dauerhaft zunichtemachen, erklärt er den Angehörigen.
In der Zwischenzeit kommen Irimbert Zweifel, ob sein Handeln richtig war. Er ist sich nicht sicher, ob sie blind nicht glücklicher war.

„Da schrie es in seiner Seele: Gottesschänder! Willst du dich vergreifen am Heiligsten! Ist eines heilig an der Welt und Leben, so ist es das Licht! Auch wenn es Schmerzen zeigt und Elend. Licht! Mit dem kleinsten Worte haben die Menschen das Größte genannt. Licht und Gott!“ (S. 284)

Auch der Bauer überlegt, wie sich das Leben durch die Heilung verändert, und erkennt, dass vieles schmerzhafter wird.

„Dann muss ich ihr freilich alles sagen. Mit Lügen muss man einem Blinden die Schmerzen trösten. Eins, das Augen hat, muss die Wahrheit haben. Wenn’s auch weh tut.“ (S. 286)

Die Heilung hält nicht lange an, Jutta reißt sich selbst die Binde von den Augen und sieht aus dem Fenster. Dadurch erblindet sie dauerhaft.
Mittlerweile ist Irimberts letzter Gönner im Kloster gestorben, und seine Gegner haben die ungeteilte Macht. Sie legen den Pakt zu Greimolds Ungunsten aus und Jutta wird ebenfalls Opfer ihrer Verfolgung, weil sie sich von einem jüdischen Arzt behandeln ließ.
Irimbert, der sich mittlerweile in sie verliebt hat, verlässt mit ihr den Hof, bevor die Verfolger alles niederbrennen. Er ersticht sie, bevor eine Lawine beide ins Tal reißt.

Zurück